Es grünt so grün bei Fendt: Produktion und Logistik wachsen
Im Interview spricht Dr. Thomas Schneiderheinze, Geschäftsführer der AGCO Hohenmölsen GmbH, über Lagerung, Lackierung und Lieferketten.
Von A wie Automatisierung über L wie Logistik bis W wie Werkstruktur betreut LogistikPlan für AGCO in Hohenmölsen eine Fülle von Planungsaufgaben. Der im Südraum von Leipzig gelegene Standort produziert Landmaschinen und Komponenten für die Marke Fendt – und demnächst auch mit eigener Lackierung.
Dr. Thomas Schneiderheinze |
Dr. Thomas Schneiderheinze ist seit Februar 2018 Werkleiter und Geschäftsführer der AGCO Hohenmölsen GmbH. Von 1998 bis 2014 war der promovierte Logistiker in verschiedenen Führungspositionen bei Unternehmen der MAN Gruppe tätig – unter anderem leitete er von 2011 bis 2014 bei MAN Truck & Bus Production RUS den Bau und Betrieb eines neuen Montagewerks. Anschließend war er Technischer Leiter am Flughafen Leipzig/Halle. |
Herr Dr. Schneiderheinze, am 21. April begrüßten Sie Dr. Reiner Haseloff, den Minister-präsidenten des Landes Sachsen-Anhalt in Hohenmölsen. Der Grund: Das Richtfest zur Erweiterung des AGCO-Produktionsstandortes für die Marke Fendt. Dieses Projekt trägt den Namen „Phoenix“, eines mythologischen Vogels, der sich immer wieder neu erschafft. Warum?
In den vergangenen Jahren erlebte der Standort Hohenmölsen des Fendt-Werkeverbundes einen mächtigen Wandel. Es wurde und wird permanent investiert, darum suchten wir einen Namen, der Aufbruch, Wandel und nachhaltige Zukunftsgestaltung gleichermaßen symbolisiert: „Phoenix“. Denn unser Werk hat sich zu einem wichtigen Produktionsstandort für die Marke Fendt „gemausert“. Hier entstehen Feldspritzen und Häcksler sowie Komponenten für Fendt Traktoren. Perspektivisch sollen im Werk außerdem Bauteile für Traktoren, Feldspritzen, Ladewagen und Rundballenpressen grundiert und lackiert werden.
Wie hoch ist das Investitionsvolumen, wie viele Arbeitsplätze gibt es in Hohenmölsen?
Für das Phoenix-Projekt investiert AGCO aktuell rund 30 Millionen Dollar in den Standort. Kern dieser hohen Investition ist die Errichtung eines modernen Lackierzentrums sowie eines Logistikzentrums. Hinzu kommt der weitere Ausbau der Produktionskapazitäten im Bereich Komponentenfertigung. Gegenwärtig beschäftigt AGCO am Standort Hohenmölsen circa 500 Menschen. Wir gehen davon aus, im Laufe des Jahres 2023 weitere 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen, um das hohe Wachstum zu bewältigen. Das ist eine große Herausforderung, wenn man bedenkt, dass wir 260 Mitarbeitende hatten, als ich meine Aufgabe im Februar 2018 übernahm – bislang also personell fast eine Verdoppelung.
Sie erwähnten starkes Wachstum. Können Sie das bitte beziffern?
Gern. Traktoren und andere Landtechnik erfreuen sich hoher globaler Nachfrage. In den nächsten Jahren könnten wir Wachstumsraten bis hin zum niedrigen zweistelligen Prozentbereich verzeichnen. Fendt ist die Marke für Premiumkunden in aller Welt. In Europa bestens etabliert, sind Asien und Südamerika aufstrebende Märkte und die USA gilt als der wesentliche Wachstumstreiber.
Im Rahmen der Werkstrukturplanung haben AGCO und LogistikPlan gemeinsam vielfältige Varianten untersucht und wieder verworfen. Warum hat sich AGCO für die ausgewählte Variante entschieden, bietet sie die meisten Ausbauoptionen?
Bei der Entscheidung, wie ein Investitionsvorhaben realisiert werden soll, entsteht immer ein Zielkonflikt: Auf der einen Seite will man maximale Optionen für die Zukunft offenhalten, sogenannte Entwicklungsachsen berücksichtigen und das Gesamtpotential des Standortes im Auge behalten. Andererseits gilt es, nur das notwendige Investitionsvolumen zu tätigen, weil sich dieser Aufwand über die Amortisation auf die Kosten der zu fertigenden Teile oder der zu erbringenden Leistungen niederschlägt. Insofern war die jetzt ausgewählte Variante das Optimum aus den beiden genannten Zielgrößen.
LogistikPlan sieht seine Aufgabe darin, den Spielraum und Bedarf eines Unternehmens mittels fundierter Methoden zusammenzubringen. Könnten Sie das aus Sicht des Auftraggebers für das Projekt „Phoenix“ näher erläutern? Wurde LogistikPlan diesem Anspruch gerecht?
Es ist immer eine große Herausforderung, modernste Technologien zu nutzten – im Bereich der Logistik zum Beispiel in der Warenwirtschaft, in der Lagerhaltung, bei der Bereitstellung von Teilen und im Versandprozess für unsere Kunden. Das Hauptziel ist ja, unsere Kunden jederzeit fristgerecht mit den richtigen Mengen in höchster Qualität zu versorgen. Dafür kann man immer verschiedene Wege gehen. Deshalb ist ein professioneller Partner wie LogistikPlan ein wertvolles und wesentliches Element dieser Meinungsbildung und Entscheidungsfindung. Ich bin ein großer Freund davon, auch immer wieder die Kostenfrage zu stellen und zu hinterfragen: Bin ich hier beim notwendigen Maß an Investitionen oder schieße ich schon ein Stück weit über das Ziel hinaus? Man kann letzteres natürlich tun, wenn Entwicklungen, die Wachstum oder eine Veränderung des Produktportfolios bedeuten, bereits absehbar sind. Das ist zu einem gewissen Teil bei AGCO in Hohenmölsen und in der Zusammenarbeit mit LogistikPlan der Fall gewesen – wir haben ein hochkomplexes Teileportfolio mit über 3.000 Teilen, die in Mengen zwischen 50 und mehreren zehntausend Stück pro Jahr abgerufen werden. All das muss in effizienten und wirksamen logistischen Abläufen abgebildet werden. Und dabei hat uns LogistikPlan mit den erarbeiteten Varianten sehr geholfen.
Ist das Automatisierungskonzept von LogistikPlan für die Lenkerlinie bereits realisiert worden?
Darüber findet gegenwärtig ein Austausch innerhalb des Konzerns statt, mit der Idee, Vereinheitlichungen über mehrere Marken von AGCO hinweg zu realisieren, die Volumen zu vergrößern und daraus einen besonderen Kosteneffekt zu erzielen. Ich gehe davon aus, dass wir innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahre dieses Konzept verwirklichen.
Freuen Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich schon auf das neue Zentrallager, und welche Vorteile bietet es?
Wir entwickeln unsere Logistik Zug um Zug. Das zentrale Lager dient in erster Linie einem zuverlässigen Versand an die Kunden. Wie bereits erwähnt, produzieren wir eine vierstellige Anzahl an Teilen. In der Vergangenheit konnten wir die Prozesse der Versandbereitstellung und des Versandes nicht immer so effizient abwickeln, wie wir das wollten. Insofern ist es ein Meilenstein, wenn wir das entwickelte Logistikkonzept jetzt umsetzen. Selbstverständlich freuen sich die Mitarbeiter der Logistikbereiche schon auf das Zentrallager, weil es ihre Arbeitsbedingungen modernisieren und positiv beeinflussen wird.
Wie bewerten Sie die kreativen Leistungen bei der Versorgung der Lackieranlage? So entwickelte LogistikPlan einen Entwurf für das Transportgestell, welches die Lackiergestelle aufnimmt, definierte dessen funktionale Anforderungen und gestaltete die dazugehörigen Rüstarbeitsplätze.
Im Lackierzentrum wird es einen kontinuierlichen Betrieb geben. Mit dem Hersteller der Lackieranlagen wurde vereinbart, dass unterschiedlichste Teile die Anlage zeitgleich durchlaufen können. Hier ist es unabdingbar, das logistische Puzzle des Ein- und Abhängens der zu lackierenden Teile zu meistern. Daher hilft uns das von LogistikPlan entwickelte Gestell sehr, es ist ein wesentliches Element des effizienten Lackieranlagenbetriebes.
Neben der baulichen Erweiterung – was sind weitere Schwerpunkte der Entwicklung, zum Beispiel Gewinnung und Qualifizierung von Mitarbeitern?
Zweifellos. Wenn ein Unternehmen ein derartiges Wachstumstempo vorlegt, müssen sich Führungskräfte neben Maschinen und Material vor allem um Mitarbeiter kümmern. AGCO hat in Hohenmölsen ein Team von gut ausgebildeten, erfahrenen Fachkräften. Wie andere Unternehmen auch stehen wir vor der Herausforderung, neue Mitarbeitende zu gewinnen. Wir bieten zukunftsfähige Arbeitsplätze in moderner Arbeitsumgebung und einen Tarifvertrag. Besonders am Herzen liegt mir, dass unser Unternehmen auch im Bereich der Aus- und Weiterbildung aktiv ist. Mittlerweile gibt es hier mehr als 20 Auszubildende, und unlängst wurden alle sechs ausgelernten Jungfacharbeiter übernommen. Schwerpunkte der Mitarbeitergewinnung werden nun das Lackierzentrum und die logistischen Aktivitäten bilden.
Worin sehen Sie die größten Herausforderungen im bisherigen Planungsverlauf?
Zu meiner Überraschung stand das Thema einer genehmigungsfähigen Bauplanung nur ganz am Anfang als Nummer Eins auf der Prioritätenliste. Im Planungsverlauf verlagerte sich der Fokus hin zur Frage, ob alle benötigten Komponenten und Anlagenteile rechtzeitig verfügbar sein werden, um die Investition umzusetzen. Das Lieferkettenproblem ist eindeutig der größte Bremsklotz für unseren Zeitplan. Noch sind wir dabei verhalten optimistisch.
Wie lautet Ihr Fazit über das Projekt „Phoenix“ und die Zusammenarbeit mit LogistikPlan?
Meine persönliche Überzeugung ist, dass effiziente logistische Prozesse und Abläufe sowie ausgewogene logistische wie technische Lösungen eine Schlüsselrolle spielen, wenn es um die Kosteneffizienz am Standort Deutschland und auch bei uns in Hohenmölsen geht: Weil im Hinblick auf die Wertschöpfung immer weniger die einzelne Maschine oder der Arbeitsplatz entscheidend ist, sondern die gesamte Wertschöpfungskette und ein störungsfreier Produktionsfluss durch das Werk. Das klingt nach Binsenweisheit, aber die logistische Abstützung dieser Kette wird immer immanenter. Wichtig ist uns, eine nachhaltige Partnerschaft mit leistungsfähigen Dienstleistern aufzubauen. Mit der Qualität der von LogistikPlan übergebenen Planungen bin ich sehr zufrieden. Das Projekt „Phoenix“ muss kein Endpunkt sein, es könnte weitere Kapazitätsschritte geben, bei denen wir gern wieder auf die Expertise von LogistikPlan setzen würden.
Herr Dr. Schneiderheinze, vielen Dank für das Gespräch!
│ Interview: Egbert Sass, Berlin
│ Bilder: AGCO; Pawelzik, LogistikPlan