Die neue Dresdner Stadtbahn kommt – mit professioneller Logistik
Bahn frei für effiziente Werkstattversorgung: LogistikPlan entwickelt anspruchsvolles Lager- und IT-Konzept für die DVB-Ersatzteillogistik.
Geräumig, modern und bequem: die Einführung einer völlig neuen Generation von Niederflur-Triebwagen ist nicht nur für die Dresdner Fahrgäste eine Innovation, sondern auch für die Ersatzteillogistik hinter den Kulissen. Denn parallel zum Pilotbetrieb der neuartigen Straßenbahnzüge führen die Dresdner Verkehrsbetriebe eine akribisch geplante Lager- und Versorgungslogistik ein, um rund um die Uhr die Wartungs- und Serviceprozesse für den Bahnbetrieb sicherzustellen.
Ziel: Lagerkonzept für die Ersatzteillogistik zur Straßenbahn-Wartung
- Ersatzteilversorgung / Lagerkonzept für die Einführung der neuen Straßenbahngeneration NGT-DX DD
- Verdichtung der bestehenden Lagerkapazität am Betriebshof Gorbitz
- modernes Einrichtungs- und Layoutkonzept
- effiziente Prozesse zur Ersatzteilversorgung des Werkstattbetriebs
Ergebnisse
- Kapazitätsplanung für Lager und Logistik
- Dimensionierung der Lagertechnik in Varianten
- Erstellung der Soll-Layouts für die Lagerorte
- Kostenermittlung und Entscheidungsvorlage für den Vorstand
Ziel: Logistik-IT-Konzept für Warehouse Management (SAP EWM) zur Ersatzteilversorgung
- Ersatzteilversorgung für die neuen Stadtbahnen in Dresden
- IT-Konzept mit Sicherstellung von Transparenz, Rückverfolgbarkeit, MHD und Seriennummer-Management
- Beratung zur Erstellung und Konfiguration der Inhouse-Lagerprozesse
Ergebnisse
- Definition der Logistik-IT-Anforderungen
- Informationsflusskonzept mit Beschreibung der IT-seitigen Prozesslogik / Nutzeranforderungen / Funktionen / Regeln
- Konfiguration der IT-Systemstruktur
- Definition der Anforderungen an den IT-Ausrüster (Pflichtenheft, Implementierung, Test, Schulung, Go-Live und Service)
- Meilensteinplan zur Vergabe und Realisierung
- Lastenheft für SAP EWM (Extended Warehouse Management)
Weitere Informationen zur NGT-DX DD
Mit ganzen 2 PS und 36 Sitzplätzen rollte 1872 eine Bahn zum ersten Mal auf Schienen durch Dresden. Zwar wurde der innovative Pferdebahn-Decksitzwagen schon zwei Jahrzehnte später durch die erste elektrische Straßenbahn im Königreich Sachsen abgelöst – in der Dresdner Mundart „Bimmel“ genannt. Aber damals hätte sich wohl niemand träumen lassen, dass 150 Jahre später die Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB) mit ihren neuen Straßenbahnen bis zu 290 Fahrgäste aufnehmen können – was mal eben 10 bis 12 Schulklassen entspricht. Auf einem Teil des rund 135 Kilometer langen Streckennetzes werden demnächst deutlich größere Fahrzeuge eingesetzt. Für die Flottenerneuerung mit 30 neuen Bahnen wird die DVB rund 197 Millionen Euro investieren. Aus gutem Grund, denn jährlich sind in der Landeshauptstadt weit über 100 Millionen Fahrgäste zu befördern, und die weiter steigende Mobilitätsnachfrage soll wirtschaftlich wie ökologisch bedient werden.
Die steigende Fahrgastkapazität der neuen Modellreihe ergibt sich weniger aus den gut 43 Metern Zuglänge, sondern vor allem aus der größeren Breite: Mit 2,65 Metern sind die Wagen ganze 35 Zentimeter breiter als bisher und ermöglichen so jeweils zwei Sitzplätze auf jeder Seite. Die bei Bombardier in Görlitz und Bautzen hergestellten Niederflur-Gelenktriebwagen tragen die etwas „ungelenkige“ Typenbezeichnung „NGT DX DD“. Auch die Ausstattung ist innovativ: die Klimaanlage arbeitet mit CO2-abhängiger Frischluft-Zuführung, zweiflügelige Fahrgasttüren und Rollstuhlrampen erlauben barrierefreies Einsteigen, Ladesteckdosen und das WLAN versorgen die Fahrgast-Mobilgeräte und LED-Leuchten sorgen für raffiniertes Lichtambiente. Die 3,2 Tonnen leichteren Fahrzeuge sind insgesamt energiesparender als ihre Vorgänger und zudem emissionsfrei im gesamten Streckennetz unterwegs.
Innovativ auch im Großformat: weltweit größte Seitenfenster
Der Generationswandel der gelb-schwarzen Schienenfahrzeuge bringt auch logistisch wichtige Neuerungen mit sich. So sind die neuen Panoramascheiben die bisher größten Seitenfenster weltweit, die der Hersteller in einer Straßenbahn je eingesetzt hat. „Ziel unseres Logistikkonzeptes ist es deshalb“, so Alf Schwaten, Centerleiter Einkauf und Materialwirtschaft der DVB, „für jedes der rund 2000 neuen Ersatzteile eine optimale Lagerstruktur und Ausrüstung zu schaffen. Und zwar zusätzlich zu unseren bereits vorhandenen Logistik- und Wartungsaufgaben am Betriebshof Dresden-Gorbitz.“ So erfordert die neue Ersatzteillogistik für das städtische Verkehrsunternehmen nicht nur eine kluge lagertechnische Verdichtung – bei Vermeidung baulicher Investitionen – sondern auch eine anspruchsvolle Prozessplanung. „Effiziente Logistikprozesse und sichere IT-Funktionen sind für die zuverlässige Ersatzteilversorgung des Straßenbahnbetriebs unerlässlich“, so Schwaten. „Um die Fahrzeugverfügbarkeit mit oberster Priorität zu sichern, ist höchste Artikelverfügbarkeit und Zugriffssicherheit der Ersatzteile erforderlich.“
Digital und bedarfsorientiert: Werkstattversorgung rund um die Uhr
Für die Planung holte sich die DVB LogistikPlan ins Team. Das gemeinsam entwickelte Logistikkonzept zeichnet sich durch eine ganze Reihe von Besonderheiten aus:
- Die Sicherstellung der Ersatzteilhaltung erfolgt über ein Konsignationslager in direkter Nachbarschaft zur Werkstatt. Der Fahrzeuglieferant übernimmt künftig zwar die Verantwortung für den Lagerbestand, doch die DVB trägt mit ihrem Logistikpersonal die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Lagerbetrieb und Wartungsprozess.
- Trotz knapper Lagerflächen kann das hohe Lagervolumen im Bestand abgebildet werden: Paternoster, neue Fachboden-/Schwerlastregale nutzen die volle Raumhöhe aus
- Die Vereinnahmung und sorgfältige Einlagerung des Materials übernehmen geschulte Logistikmitarbeiter in der Tagschicht. Also tagsüber übernehmen die Lagermitarbeiter nicht nur die Vereinnahmung und Einlagerung sondern auch die Kommissionierung und Herausgabe des Materials, und zwar stets mit Buchungspflicht.
- Unterstützt wird die Kommissionierung durch mobile Datenendgeräte (MDE), die mit dem Warehousemanagement-System (WMS) in Echtzeit kommunizieren sollen. Verwechslungsrisiken bei der Entnahme werden minimiert, und bisherige Papierlisten werden nicht erst eingeführt.
- Bei vielen Ersatzteilen setzen die Straßenbahner nun neue Lageranforderungen um, etwa die Berücksichtigung von Seriennummern, FIFO-Regeln und MHD-Fristen, beispielsweise für Elektronik-, Kunststoff- oder Dichtungsprodukte. Bei bestimmten Baugruppen ist zudem eine zyklische Stillstandswartung durchzuführen, um deren Gebrauchsfähigkeit zu erhalten.
- Für die Materialklassifikation wird eClass genutzt, ein ISO/IEC-normkonformer Industriestandard. Während Ersatzteile für den planmäßigen Wartungsauftrag künftig ohne Warenwert gebucht werden, müssen sonstige Lagerentnahmen – meist für Reparaturen bei Unfall oder Vandalismus – mit Buchwert verarbeitet und verrechnet werden. Mittels WMS sind sämtliche Artikelzugänge, Lagerbestände und Auftragsbewegungen für die Vertragspartner jederzeit transparent verfolgbar.
Erfolgspotenzial: Logistikkonzept plus Digitalisierung
Das Ersatzteilmanagement stellt an den Fahrzeughersteller ebenso wie an den Verkehrsbetrieb komplexe Herausforderungen. Im Unterschied zur Laufzeit von klassischen Industrieprojekten sichert der hier über 24 Jahre geschlossene Vertrag eine langfristige Ersatzteilversorgung, damit technische Ausfallzeiten im Bahnbetrieb vorausschauend vermieden werden. „Dementsprechend setzen wir einen hohen Anspruch an die Professionalisierung unserer Logistik und Digitalisierung“, sagt Projektleiter Alf Schwaten. Allein das von LogistikPlan entwickelte Lastenheft für das Warehousemanagement umfasst gut 70 Seiten. Hinzu kommen rund 150 Seiten mit detaillierter Prozessbeschreibung der Vertragspartner – vom Supply Chain Management über die präventive und korrektive Instandhaltung bis zur Inventur und Abrechnung.
„Auch wenn die Einführung einer neuen Fahrzeuggeneration für einen Betreiber viele logistische Variablen mitbringt“, so das Fazit von LogistikPlan-Geschäftsführer Stefan Gärtner, „können wir die meisten Prozesse mit industrietypischen Modellen und bewährten IT-Standards abbilden. Das Erfolgspotenzial liegt in der Konzeption von praxistauglichen Logistikprozessen – und in ihrer konsequenten Softwareunterstützung.“ Wir wünschen der DVB zum 150sten Bahnjubiläum allzeit einen guten Lauf, auf der Schiene genauso wie in der Werkstattlogistik!“
│ Grafik / Foto: DVB AG; Bombardier